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St. Klara und Kaiser Joseph II.

Das Klarissinenkloster, ein Opfer der Josephinischen Kirchenreform

Als Kaiser Joseph II. im Jahre 1790 starb, schien dies in der Bevölkerung kein Anlass zu großer Trauer zu sein. Über den Sohn Maria Theresias hatten die Wiener hatten schon seit langem gespottet: „Herr! Befreie uns von Krieg und Not – durch Josephs II. Tod!“

Der Monarch wollte als der große Erneuerer des Habsburgerreiches in die Geschichte eingehen. Viele seiner Reformen waren durchaus fortschrittlich und auch sinnvoll. Seine kaiserlichen Erlasse aber kamen „von oben herab“ und hatten die tatsächlichen Bedürfnisse des Volkes und die Gefühle der Menschen nicht im Blick.

In seinem „Toleranzpatent“ verordnete er zwar eine Duldung der protestantische Konfession und der jüdischen Glaubenslehre, die Vorrangstellung der Katholischen Kirche wurde aber dennoch beibehalten. Nichtkatholiken galten weiterhin als Bürger zweiter Klasse. Gerade unter den Katholiken aber stießen seine zahlreichen Verordnungen auf Ablehnung, oft sogar auf blankes Entsetzen.

Klöster waren für den Kaiser „Quellen des Aberglaubens und des religiösen Fanatismus“. Der Kaiser ließ alle Ordenshäuser schließen, die im ökonomischen Sinne „unproduktiv“ waren. Dazu zählte er vor allem viele Nonnenklöster. Schließlich war, nach Meinung des kauzig und einsam gewordenen Monarchen, „die Gesellschaft von Frauen … für einen vernünftigen Mann auf die Dauer unerträglich“.

Die Auflösung des Klosters der Klarissinnen in Eger im Jahre 1782 war eine Folge dieser Geringschätzung des weiblichen Geschlechts. Als alles bewegliche Inventar aus St. Klara herausgetragen wurde, empfanden die Bürger dies als Kirchenraub in kaiserlichen Auftrag.

Noch im Februar des Jahres 1782 hatte sich Papst Pius VI. auf die beschwerliche Reise nach Wien begeben, um Joseph II. von seinen kirchenfeindlichen Reformen abzubringen. Der Besuch des Papstes beim Kaiser blieb aber erfolglos.

So mussten die Egerer Bürger bei der Räumung des Klarissenklosters tatenlos zusehen.

 

Die Einnahmen aus dem Verkauf der Kunstschätze von St. Klara waren viel niedriger als erwartet, denn wer hatte schon das Geld und auch ein Interesse daran, eine goldene Monstranz oder ein riesiges Ölgemälde zu erwerben?

 

Geschichte der Klosterkirche St. Klara

 

Der Klarissenorden, der weibliche Zweig der Franziskaner-Minoriten, entstand im Jahre 1215. Etwa 1270 wurde das Kloster in Eger gegründet. Die Schwestern hatten lange Zeit keine eigene Kirche und besuchten die Gottesdienste in der gegenüber gelegenen Franziskanerkirche.

Erst von 1465 bis 1469 konnte eine eigene Klosterkirche, im gotischen Stil, erbaut werden.

Diese überstand die Hussitenkriege, wurde aber im Dreißigjährigen Krieg völlig zerstört.

 

Vorbild für einen Neubau der Klosterkirche war die Stiftsbasilika von Waldsassen. Der für die damalige Zeit geradezu revolutionär neuartige Baustil des Barock machte Georg Dientzenhofer, seine Brüder und deren Söhne zu den gefragtesten Architekten von Prag bis nach Fulda.

Als Georg Dientzenhofer bereits im Jahre 1689 starb, wurde dessen Bruder Christoph vom Waldsassener Abt mit der Fortsetzung des Kirchenbaues beauftragt.

Christoph erwarb sich in Waldsassen einen so ausgezeichneten Ruf, dass er 1698 in kaiserlichen Dienst gestellt wurde und, als Nachfolger des berühmten Abraham Leuthner, in Eger und in Prag als Festungsbaumeister tätig war.

Bei seinen Aufenthalten in Eger konnte er von den Schwestern als Architekt von St. Klara gewonnen werden. Der von 1708 bis 1712 erstellte Kirchenbau gilt als eines der wertvollsten barocken Gebäude der Stadt.

Bei der Einweihung der Kirche konnte niemand ahnen, dass schon 70 Jahre später – auf Befehl eines Kaisers – das Kloster aufgelöst und St. Klara leergeräumt werden würde.

 

Heute ist eine Besichtigung dieser sehr schön renovierten Klosterkirche ein besonderes Erlebnis: Da seit der Josephinischen Kirchenreform im Jahre 1782 die Gemälde und Heiligenfiguren fehlen, gibt es hier „Barockarchitektur pur“ zu bewundern.

St. Klara wird jetzt als stilvoller Konzertsaal und als Ausstellungshalle historisch bedeutsamer Kunstwerke benutzt.

 

Nachtrag:

 

Als im Jahre 1708 mit dem Bau der Klarissenkirche begonnen wurde, erschien dort sehr oft ein junger Egerer Geschütz- und Glockengießergeselle, Sohn eines kleinen Tuchmachers aus der Schiffgasse. In nahegelegenen Waldsassen hatte er die 1704 eingeweihte Stiftskirche, die heutige Basilika, kennengelernt und war von dem neuen, barocken Baustil begeistert. Jetzt nutzte er in seiner Heimatstadt die Gelegenheit, die Bauleute von St. Klara bei der Arbeit beobachten zu können.

Drei Jahre später zog der junge Mann nach Würzburg. Dort wurde er zum berühmtesten deutschen Baumeister des Barock. Sein Name ist Balthasar Neumann.

 

Günther Juba

 

Fotos:

o       Die barocke Kirche St. Klara fügt sich harmonisch in das von der Gotik geprägte Ambiente des Franziskanerplatzes.

o       Mit ihrer Orgel an der Stirnseite wurden ideale Bedingungen für Kirchenkonzerte geschaffen.

o       Kaiser Joseph II., der das Kloster der Klarissinnen auflöste

Verantwortlich: Tourist-Information
Entstanden / aktualisiert: 21.6.2015 / 21.6.2015

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