Touristisches Infozentrum
Suche
Close this search box.

Friedhof in einem verschwundenen Dorf

Schönlind (Krásná Lípa) hat eine würdige Gedenkstätte

Der 2006 errichtete Radweg von Cheb nach Waldsassen führt über ein Teilstück der ehemaligen Bahnstrecke nach Waldsassen, Mitterteich, Wiesau.

Nur wenige Meter vor dem Grenzübertritt erreicht man eine Gedenkstätte, die zum Verweilen einlädt, zur Stille und zum Rückblick auf vergangene Zeiten – auch zur Besinnung auf die Lehren der Geschichte.

Ein Friedhof ist hier entstanden an einem Ort, der nach dem Kriege völlig zerstört wurde, um die Erinnerung an die Vergangenheit auszulöschen, so als hätte es die Menschen, die hier gelebt haben, nie gegeben.

Vier Teilstücke der Friedhofsmauern lassen die Größe dieser Begräbnisstätte erkennen – bruchstückhaft, wie auch die Vorstellung über das Leben und Sterben dieser Menschen nur lückenhaft sein kann.

Einfühlsam und stimmungsvoll wurde das Gelände gestaltet. Die alten Grabsteine der Toten von Schönlind, Wies und Schloppenhof sind wieder zu sehen. Gleich am Rande des Radweges steht das steinerne Hauptkreuz. Bänke laden alle Besucher zum Verweilen und zum Gedenken ein.

 

Auf einer steinernen Tafel liest man: „Und der Tod, ein Muttergotteskuss ist es, wo er wegnimmt den Atem von einem …“, ein Text des Stiftländer Autors Werner Fritsch aus seinem Roman „Cherubim“.

Im unteren Teil des Geländes wird man an die ehemalige Friedhofskapelle erinnert. Diese ist nur stilisiert durch eine Balkenkonstruktion, an deren Giebelseite ein zweites Hauptkreuz zu erkennen ist.

Es ist ein würdiger, sehr eindrucksvoll gestalteter Ort entstanden, und man bekommt eine gute Vorstellung davon, wie dieser Friedhof früher einmal ausgesehen haben mag.

 

Diese Stätte ist auch ein Ort der Begegnung, denn hier treffen sich die tschechischen Bewohner der nahegelegenen Dörfer mit den Besuchern aus Deutschland. Auch wenn ein Gespräch nicht möglich ist, so werden doch schon ein Lächeln und ein Kopfnicken als freundliche Gesten unter Nachbarn wahrgenommen. Wenn ein „dobrý den“ oder ein „Grüß Gott“ zu hören ist, erkennt man daran das Bemühen um eine grenzüberschreitende Annäherung.

 

Die künstlerische Neugestaltung dieses Friedhofs ist Michal Pospíšil, Vizebürgermeister von Cheb, zu verdanken. Dieser Wiederaufbau – ermöglicht durch den Nadační fond historický Cheb (Stiftungsfonds historisches Eger) – ist erstaunlich gut gelungen.

Trotzdem bedauert Pospíšil: „Das ganze Dorf kann man schwer neu aufbauen. Es ist eine symbolische Versöhnung zwischen Tschechen und Deutschen.“

Tatsächlich wird jeder deutsche Besucher davon beeindruckt sein, wie sensibel und achtungsvoll in Tschechien an die ehemaligen Bewohner eines kleinen Dorfes erinnert wird – und an eine schmerzvolle Vergangenheit, die uns zur Versöhnung unter ehemals verfeindeten Völkern ermahnt.

 

Der verschwundene Ort Schönlind – Krásná Lípa

 

Schönlind lag an der heute nicht mehr existierenden Eisenbahnstrecke, die Cheb/Eger mit Waldsassen und dem Umsteigebahnhof von Wiesau verbunden hatte. Im Jahre 1930 gab es dort 22 Häusern, meist Vierseithöfe,  und es lebten dort 148 Einwohner. Zu Schönlind gehörte seit 1902 ein eigener Friedhof, auf dem auch die Menschen aus Wies und Schloppenhof beerdigt wurden.

Bereits im Jahre 1312 wurde „Schönlinten“ erstmals urkundlich erwähnt.

Das Dorf – es lag seit 1591 im Fraischgebiet – wurde 1846 der Stadt Eger und damit dem Königreich Böhmen zugeordnet.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden alle Einwohner vertrieben und der Bahnverkehr  nach Deutschland eingestellt.

Das Dorf – es hieß seitdem Krásná Lípa – wurde bis 1957 völlig zerstört, wie alle Orte in der Nähe des „Eisernen Vorhangs“. Der Friedhof blieb dem Verfall überlassen.

Durch die verschwundene Ortschaft führten ein Grenzzaun und ein Kolonnenweg für die ständigen Kontrollen durch die Grenzwache.

Günther Juba

 

Fotos:

Der neugestaltete Friedhof von Schönlind, Krásná Lípa

Verantwortlich: Tourist-Information
Entstanden / aktualisiert: 12.8.2015 / 12.8.2015

Skip to content