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Ein „Manhattan“ aus der Zeit des frühen Mittelalters

Das Egerer Stöckl, Wahrzeichen der Stadt

Ein „Manhattan“ aus der Zeit des frühen Mittelalters

Das Egerer Stöckl, Wahrzeichen der Stadt

 

Als in New York der Baugrund knapp wurde, entstanden im vergangenen Jahrhundert die vielbestaunten „Wolkenkratzer“ von Manhattan.

Die Idee, aus Platzmangel Hochbauten zu errichten, ist allerdings nicht neu: Bereits im frühen Mittelalter entstand auf dem Egerer Marktplatz eine Gruppe von elf hohen Häusern, die das „Stöckl“ genannt wird (tschechisch „Spáliček“) und als das Wahrzeichen der Stadt gilt.

 

Zunächst standen hier nur hölzerne Marktbuden, erstmals erwähnt im Jahre 1273.

Schon sehr früh kamen diese in Familienbesitz und konnten so von Generation zu Generation weitervererbt werden. In einer Urkunde vom 9. August 1287 erneuerte der Egerer Bürger Heinrich Spervogel die von seinen Vorfahren errichtete Stiftung eines ewigen Lichtes an das Kloster Waldsassen. Seine Fleischbank hatte das Verkaufsrecht und musste dafür jährlich zwei Zentner Unschlitt (Rindertalg) als Gebühr entrichten.

 

Wer die Waren nicht täglich ein- und ausräumen wollte, musste seine hölzerne Verkaufsbude nachts vor Dieben bewachen – was, vor allem im Winter, nicht einfach war. Deshalb genehmigte der Stadtrat im Jahre 1320, stattdessen Fachwerkhäuser zu errichten. Hier konnten die Besitzer wohnen und hatten außerdem auch noch weitere Lagerräume gewonnen.

Die Grundstücksflächen waren allerdings so knapp, dass man die Häuser bündelartig aneinander bauen musste. Für einen eigenen Hof war kein Platz.

Um die Wohn- und Gewerbeflächen zu vergrößern, wurden die Bauten immer weiter nach oben „aufgestöckelt“, auf bis zu vier Stockwerke und ein Dachgeschoß.

Anstelle der Innenhöfe gab es lediglich die – nur 1,6 Meter breite – Krämergasse.

Auf einer Zeichnung aus dem Jahr 1472 ist zu erkennen, dass der Grundriss dieses Ensembles bis heute unverändert blieb. Allerdings gab es an der Westseite noch einen weiteren Gebäudeblock, der im Jahre 1809 abgerissen wurde.

 

Blickfang an der Südseite ist ein Fachwerkserker aus dem 18. Jahrhundert. Dieser wurde durch eine rundliche Granitsäule abgestützt. Der Erker steht also – beziehungsvoll zum Namen der ganzen Gebäudegruppe – auf einem „Stöckl“.

 

Beim Wiederaufbau der Stadt in den Jahren 1956-1962 drohte der Abriss dieses historischen Ensembles. Man entschloss sich aber dann doch dazu, das Stöckl in seiner historischen Form zu erhalten. Allerdings wurde es innen völlig entkernt und verändert.

 

Wenn man an die bescheidenen technischen Möglichkeiten im frühen Mittelalter denkt, so verdient diese hochgebaute Egerer Häusergruppe nicht weniger Bewunderung als die Wolkenkratzer von Manhattan. Auch kann man daran zweifeln, ob diese New Yorker Bauwerke ein Alter von mehr als 700 Jahren erreichen werden.

 

Günther Juba

Fotos:

o   Das Stöckl, Süd- und Ostseite

o   Die Westseite des Stöckl ist reich gegliedert

o   Durchblick von der Krämergasse auf das Pachelbelhaus

o   Zeichnung aus dem Jahr 1472

Verantwortlich: Tourist-Information
Entstanden / aktualisiert: 27.4.2016 / 27.4.2016

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