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Der „Winterkönig“ in Waldsassen

Der „Winterkönig“ in Waldsassen

Beginn einer historischen Tragödie

 

Im Jahre 1619 wählten die böhmischen Stände Kurfürst Friedrich V. von der Pfalz wegen seines Antikatholizismus und seiner vermeintlich guten Beziehungen zu den protestantischen Fürstenhäusern, von denen sie sich Unterstützung gegen Kaiser Ferdinand erhofften, zum neuen Träger der Wenzelskrone.

Der künftige König von Böhmen war erst 23 Jahre alt und politisch unerfahren. Sein eigenes Land war durch den Calvinismus und den fanatischen Hofprediger Abraham Scultetus immer stärker ins Abseits geraten. Der Bildersturm brachte neben den Katholiken auch immer mehr Lutheraner gegen die Calvinisten in der Pfalz auf. Die – von Friedrichs Vater gegründete – protestantische Union riet dem Kurfürsten (am 12. September, in Rothenburg ob der Tauber), sich nicht in die „böhmischen Angelegenheiten“ einzumischen und verweigerte damit eine Unterstützung seines ehrgeizigen Zieles.

Außerdem erhielt Friedrich einen drohenden Brief von seinem katholischen Verwandten, Herzog Maximilian von Bayern: „Geschieht so wass, undt wollen Eur Lieben meinen guett gemainten rath nit annehmen, so thuet es mir Leidt deroselben sagen zu müessen, dass ich der Erste bin, der gegen die Böhmen undt Ihren unrechtmässigen König zu Veldte zieht“.

Trotz dieser Warnung entschloss sich der Kurfürst – auf Drängen seines Hofpredigers – dennoch, „dem Willen des Allmechtigen nicht zu widerstreben“ und die Wahl anzunehmen.

 

Der Kurfürst reiste aus Amberg, damals Hauptstadt der „Oberen Pfalz“, nach Waldsassen. Hier, an der Grenze zu Böhmen, sollten die Verhandlungen mit den Gesandten aus Prag stattfinden. Der ganze Zug soll aus 569 Personen und 100 Packwagen bestanden haben.

Am 23. Oktober 1619 traf die Reisegruppe ein, um in dem um 1575 errichteten „Neuengebey“ – an dessen Stelle heute das Waldsassener Rathaus steht – Quartier zu nehmen.

Von Eger aus machten sich die bereits wartenden böhmischen Gesandten mit 18 Staatswagen zu je 6 Pferden auf den Weg, um den neuen König zu begrüßen.

Bei der Audienz hielt Graf von Schick im Namen aller Abgeordneten eine Rede. Er erläuterte die Gründe, weshalb Böhmen Kaiser Ferdinand nicht als König anerkennen würde und bat ihn, nach Prag zu reisen, um dort die Krone Böhmens in Empfang zu nehmen. Allerdings bat er ihn auch, vorher ihre Privilegien und Freiheiten anzuerkennen und dies durch seine Unterschrift zu bestätigen. Nach der Antwortrede des Kurfürsten küssten ihm alle Abgeordneten die Hand und wurden ihm und seiner Gemahlin vorgestellt.

Danach begaben sich alle in die Kirche. Abraham Scultetus hielt eine Predigt über den Psalm 20. Danach begab man sich zu Tisch. Zu Ehren der Abgeordneten waren 30 Gedecke vorbereitet. Erst jetzt wurde das gewünschte Dokument – in lateinischer Sprache abgefasst – vom Kurfürsten unterschrieben und den Abgeordneten übergeben.

 

In der Egerer „Stadt- und Landchronica “ ist darüber zu lesen: „ … Am 23. Octobris seynd die Ständischen Gesandten sammentl. von hier (Eger) auß nacher Waldsassen zu ihrem König gereißet, denselben empfangen, angenommen, gratuliret und nach getaner Proposition mit demselben in die Kirche gegangen, dann nach verrichten Gottesdienst mit Ihrem König Taffel gehalten, …“

Am 25. Oktober 1619 ging die Reise weiter, von Waldsassen über Eger nach Prag. Dort empfing Friedrich V. am 4. November 1619 die Wenzelskrone.

 

Noch ahnte man nicht, dass der junge König für das neue Amt völlig ungeeignet war: Während Friedrich mit seinem fanatischem Glaubenseifer die Prager Bürger vor den Kopf stieß, wurde ein anderer Vorfall als Gotteslästerung empfunden: Im ganzen Land war man entsetzt darüber, dass der König vor seiner Gemahlin und deren Hofdamen nackt in der Moldau badete. Damit verlor Friedrich die Achtung und das Vertrauen seiner Untertanen.

Schon zu dieser Zeit erhielt der neue böhmische Herrscher den Spottnamen „Winterkönig“. Das Scheitern seiner Regentschaft war bereits vorhersehbar.

Bei der Schlacht auf dem Weißen Berg, am 8. November 1620, siegten die Kaiserlichen Truppen schon nach zwei Stunden. Friedrich, der sich zu dieser Zeit auf der Prager Burg aufgehalten hatte, konnte nur noch das eigene Leben, durch Flucht ins Ausland, retten.

 

Maximilian von Bayern – der Friedrich 1619 vor der Annahme der böhmischen Königskrone dringend gewarnt hatte – war siegreicher Anführer der katholischen Liga bei der Schlacht auf dem Weißen Berge. 1623 erhielt er dafür die Pfalz und auch die Kurwürde. Damit fiel auch Waldsassen an Bayern und wurde wieder katholisch.

Am Rathaus von Waldsassen erinnert eine Inschrift daran:
„An dieser Stelle stand früher des sogenannte ‚Neue Haus‘. In diesem wohnte Friedrich V. von der Pfalz, später genannt Winterkönig, als ihm 1619 die Krone Böhmens von den böhmischen Gesandten angetragen wurde und er in die Annahme derselben einwilligte.“

 

Günther Juba

Fotos:

Das Rathaus von Waldsassen

Gedenktafel am Rathaus

Verantwortlich: Tourist-Information
Entstanden / aktualisiert: 20.10.2020 / 20.10.2020

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